Veröffentlicht am 03.03.2023 12:00
Veröffentlicht am 03.03.2023 12:00

Die Bayreuther Innenstadt von morgen

Bayreuth Innenstadt Café Geschäfte (Foto: Munzert)
Bayreuth Innenstadt Café Geschäfte (Foto: Munzert)
Bayreuth Innenstadt Café Geschäfte (Foto: Munzert)
Bayreuth Innenstadt Café Geschäfte (Foto: Munzert)
Bayreuth Innenstadt Café Geschäfte (Foto: Munzert)

BAYREUTH. Innenstädte unterliegen einem Strukturwandel, der sich durch die Pandemie, die Energiekrise und weitere aktuelle Herausforderungen, wie die Anpassung an den Klimawandel, noch beschleunigt. Seit 2021 arbeiten die städtischen Abteilungen Wirtschaftsförderung und Stadtplanung an einem zukunftsfähigen Konzept.

Am Montag, 06. März, findet eine Impulsveranstaltung im ZENTRUM statt, zu der ein Querschnitt von Vertretern verschiedener Nutzungen, Interessen und Zielgruppen, eingeladen wurde. Vorab die Meinung der Fraktionsvorsitzenden im Bayreuther Stadtrat.

Stefan Specht, CSU: Einkaufserlebnis und Innenstadt-Events

Es fehlt in erster Linie eine Strategie. Wachsender Online-Handel und generell verändertes Einkaufsverhalten verlangen neue Konzepte: Einkaufserlebnis mit guter Beratung, in entspannter Atmosphäre, am besten noch mit einem attraktiven gastronomischen Background und im Idealfall zusätzlichen Innenstadt-Events. Eine solche Entwicklung funktioniert nur gemeinsam. Das erfordert regelmäßigen Austausch und ein solidarisches Miteinander. Das muss Ziel des jetzt beginnenden Strategieprozesses sein. Es ist Aufgabe der Stadt, diesen Prozess anzustoßen, zu begleiten und zu moderieren. Der Stadtrat kann bestmögliche Rahmenbedingungen schaffen. Nötig sind der Abbau bürokratischer Hemmnisse. Die Verwaltung darf nicht Umsetzungsverhinderer sein, sondern als Innovationsförderer agieren.

Sabine Steininger, Bündnis 90/Die Grünen: Besser aufgestellt als wahrgenommen

Eine lebendige Innenstadt entsteht dann, wenn eine gemischte Nutzung der vorhandenen Flächen für Handel, Wohnen, Arbeiten und Kultur ermöglicht wird. Dies kann die Politik durch entsprechende Beschlüsse ermöglichen, indem sie z.B. Wohnen ab dem 1. Stock oder die Umwidmung von seit Jahren leerstehenden Ladenflächen im Erdgeschoss in Wohnraum beschließt oder Zwischennutzungen zulässt. Die Verwaltung wiederum kann durch einen qualifizierten moderierten Prozess den Rahmen dafür liefern, dass Betroffene gemeinsam verbindliche Ziele festlegen. Die Entwicklung, die in den letzten Jahren rund um das RW21 stattfand, zeigt, dass dies auch in anderen Bereichen der Innenstadt möglich sein könnte. Denn die Bayreuther Innenstadt ist zum Teil viel besser aufgestellt, als wir es selbst wahrnehmen. Es gibt eine Grundschule, Hort und KiTa, Lebensmitteldiscounter sowie spezialisierte Feinkostläden, einen Bioladen, Museen und kulturelle Einrichtungen, eine Vielzahl an gastronomischen Angeboten und Behördenansiedlungen. Zweifelsohne ist besonders der Handel gefordert, um dem Online-Einkauf mit besonderen Serviceleistungen, speziellen Angeboten und guter Beratung entgegenzuwirken. Ein Verzicht auf Unternehmensansiedlungen schafft mehr Raum für eine gemischte Nutzung mit innenstadtrelevanten Angeboten, von denen der Handel profitiert.

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Thomas Bauske, SPD: Der Mix macht’s

Die Innenstadt als „Gute Stube“ braucht neue Impulse. Nach dem vollständigen Umbau der Fußgängerzone, was primär optischer Natur war, müssen jetzt weitere Akzente gesetzt werden, welche die Verweilqualität weiter steigert. Davon profitieren sowohl Einheimische als auch Gäste. Gerade in den oberen Stockwerken scheinen die Wohnungen verwaist zu sein. Wichtig ist ein gesunder Mix aus Wohnen, Arbeiten und Erholen.

Christopher Süss, Junges Bayreuth: Von anderen lernen

Forschungen haben ergeben, dass für Menschen drei Dinge wichtig sind: Ambiente und Flair, Baukultur sowie digitale Möglichkeiten wie WLAN und Apps. Bei der Baukultur haben wir in Bayreuth Glück. Für Ambiente und Flair sorgen zum Beispiel Händler und Gastronomen. Bei den digitalen Möglichkeiten ist noch viel Luft nach oben. Andere Städte haben Apps entwickelt, auf denen kleine unabhängige Läden oder Gaststätten ihre Angebote bewerben können. Dies erhöht nachweislich die Besucherzahlen. Insgesamt bietet die Innenstadt nicht genug für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Was komplett fehlt, ist ein attraktives Nachtleben, mit Clubs und Diskotheken. Die Stadtverwaltung muss sich als Dienstleister und Ideengeber sehen, ein offenes Ohr für Probleme und Sorgen haben, sowie keine bürokratischen Hürden in die Wege legen. Menschen bringen sich ein, wenn sie einen Mehrwert sehen. Wichtig ist der Austausch mit anderen Städten. Da gibt es viele Erfolgsgeschichten, warum sollten wir nicht davon lernen? Es braucht Austauschrunden, im Charakter von Workshops, aus denen Erkenntnisse generiert und umgesetzt werden.

Gert Dieter Meier DU/FDP/FL: Uni mit einbeziehen

Es fehlt in der Innenstadt noch immer an Aufenthaltsqualität und Attraktivität, weil der Angebots-Mix noch nicht rund und vielfältig genug ist. Wie diese Attraktivität zu verbessern und in welchen Schritten sie zu erreichen wäre, muss miteinander – und das schließt ausdrücklich auch die Universität mit ein – besprochen und geklärt werden. Man braucht Akteure, die entschlossen handeln, dazu zählen auch die Bürgerinnen und Bürger. Niemand kann sich zufrieden zurücklehnen. Die Notwendigkeit der Veränderung ist offensichtlich – besonders, wenn Karstadt wirklich wegzubrechen droht. Austauschrunden mögen anstrengend sein, sind jedoch alternativlos. Unterschiedliche Interessengruppen, wie Handel, Wirtschaftsförderer, Gastronomie, Politik und Stadtplaner, Immobilienbesitzer, Mieter, Touristiker, etc. müssen sich zusammenraufen, Entwicklungslinien aufzeigen, über Attraktivität, Angebote und Erreichbarkeit diskutieren und bestenfalls auch Lösungswege aufzeigen. Nur wenn dieser Austausch funktioniert, wird es auch eine Aufgeschlossenheit für notwendige Prozesse und Veränderungen geben. Der Stadtrat muss sich aktiv und ergebnisoffen an diesem Prozess beteiligen, Ideen einbringen, Rahmenbedingungen schaffen und Diskurs möglich machen – ohne ein Konzept überstülpen zu wollen. Der Stadtrat muss die in dem Strategiekonzept entwickelten Ideen bewerten und für die Umsetzung sorgen.

Stephan Müller, BG: Gut, aber ausbaufähig

In den vergangenen Jahren hat sich die BMTG mit viel Engagement darum gekümmert, dass die Innenstadt lebhaft und attraktiv ist. In einigen Bereichen ist dies sehr gut gelungen, in anderen Bereichen lassen sich sicher noch Verbesserungen erzielen, ganz egal mit welchen Maßnahmen. Auf private Hausbesitzer jedoch kann die Stadtverwaltung nur sehr begrenzt einwirken. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass die meisten Immobilieneigentümer und Geschäftsleute von sich aus hohes Interesse an einer attraktiven Innenstadt haben. Natürlich wird hierbei auch das Engagement der Kunden und Verbraucher benötigt. Nur wenn diese die Innenstadt als Einkaufs- und Erlebnisort nutzen, werden die Bemühungen von allen Beteiligten erfolgreich sein. Überlegenswert wäre sicher, die Gebühren für die innerstädtischen Freiflächen zu verringern und die Gestaltungssatzung etwas weniger streng auszulegen.


Von Jürgen Lenkeit
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