Veröffentlicht am 28.02.2021 11:00
Veröffentlicht am 28.02.2021 11:00

Corona-Virus in Bayreuth: Am falschen Ende gespart

Corona-Virus in Bayreuth: Am falschen Ende gespart (Foto: red)
Corona-Virus in Bayreuth: Am falschen Ende gespart (Foto: red)
Corona-Virus in Bayreuth: Am falschen Ende gespart (Foto: red)
Corona-Virus in Bayreuth: Am falschen Ende gespart (Foto: red)
Corona-Virus in Bayreuth: Am falschen Ende gespart (Foto: red)

BAYREUTH.

Was bekommen wir nach der Pandemie noch für unser Geld und warum ist der Impfstoff knapp? Prof. Dr. Bernhard Herz, Inhaber des Lehrstuhls Volkswirtschaftslehre I – Geld und Internationale Wirtschaft der Universität Bayreuth im Gespräch.

BTSZ: Wie trostlos ist derzeit unsere Situation?

Prof. Herz: Es ist nachvollziehbar, dass Menschen sich derzeit um ihre Zukunft sorgen. Läden sind coronabedingt seit Monaten geschlossen, Unternehmer*innen sind auf staatliche Hilfen angewiesen, viele Menschen sind in Kurzarbeit oder von Arbeitslosigkeit bedroht. Die Europäische Zentralbank (EZB) druckt derzeit sehr viel Geld, das in Rettungspakete fließt und an Krisenstaaten ausgegeben wird. Es dient dazu, die Regierungen zu unterstützen, um Arbeitnehmer während der Pandemie in Arbeit zu halten, indem Arbeitsmarktprobleme mit Kurzarbeitsprogrammen unterstützt werden. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Krisenbewältigung.

BTSZ: Es wird viel Geld gedruckt. Müssen wir eine Entwertung befürchten?

Prof. Herz: Derzeit lässt die Kaufkraft des Geldes nicht nach, das heißt, es sieht kurzfristig nicht nach einer Inflation aus. Die EZB hat zum einen die Möglichkeit den Markt in großem Umfang mit Geld zu versorgen, den Umlauf aber auch zu reduzieren. Ein solches Vorgehen muss jedoch von der Politik angestoßen werden. Ich finde bedenklich, dass sowohl die Amerikaner wie auch die Engländer ebenfalls massiv Geld drucken. Gegen eine drohende Inflation hilft eine bürokratische, sprich langsame Auszahlung der Finanzhilfen, so fällt die Umlaufgeschwindigkeit. Geld drucken und schnell auszahlen kann eine brisante Mischung sein, denn mehr Geld erhöht die Güternachfrage, bei gleichzeitiger weniger Produktion durch den erzwungenen Lockdown. In den kommenden zwei Jahren werden wir kaum Veränderungen bemerken. Doch was kommt dann? Die politischen Entscheider von morgen kennen wir heute noch nicht. Positiv ist jedoch zu werten, dass Finanzexperten erwarten, dass sich der Markt in den nächsten fünf Jahren nach oben entwickeln wird.

BTSZ: Welche Auswirkungen hat es für uns, wenn Länder, wie Spanien oder Italien, in Schieflage geraten?

Prof. Herz: Sollte es wirtschaftliche Schwierigkeiten geben, werden andere Länder, dazu zähle ich Deutschland, diese auffangen können. Es fehlt nicht an Geld, wichtig ist, wofür wird es in den Ländern ausgegeben. Eine Finanzkirse entsteht, wenn der Staat kein Geld mehr hat. Firmen werden weiter produzieren, in allen Bereichen. Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass in unseren Supermarktregalen der Wein aus Italien oder Obst und Gemüse aus Spanien fehlen werden. Die Lieferketten werden sicher nicht unterbrochen.

BTSZ: An der tschechisch-deutschen Grenze kommt es aufgrund von Corona-Kontrollen zu Staus. Wird die Lieferkette unterbrochen und welche Auswirkungen sind, vor allem in der Autoindustrie und im Maschinenbau, zu erwarten?

Prof. Herz: Angekündigt waren Horrorszenarien, aber dazu ist es nicht gekommen. Unsere Unternehmer sind flexibel und einfallsreich und schaffen Voraussetzungen, zu kaufen und zu verkaufen. Hier hat auch die Politik schnell reagiert, indem beispielsweise das Sonntagsfahrverbot für Lkws, vorübergehend, aufgehoben wurde. Eine weitere Möglichkeit, die Lage an den Grenzen zu entspannen, könnte eine gesonderte Abwicklung für Lastkraftwagen, auf einer eignen Spur, sein. Probleme sollte man phantasievoll angehen und am Ende des Tages überprüfen, wo wir stehen.

BTSZ: Wie werden wir die Krise wirtschaftlich abschließen?

Prof. Herz: Wir haben keine Wirtschaftskrise wie 2008. Es wird derzeit die Produktion verhindert. Das heißt Geschäfte, Einzelhandel und gewisse Dienstleistungsbereiche sind geschlossen. Alle Beteiligten haben jedoch aus dem Lockdown des vergangenen Frühjahrs gelernt und sind nicht mehr ahnungslos. Wir werden erneut beobachten, wie schnell das Leben wieder hochgefahren ist und in weitgehend normalen Bahnen verläuft.

BTSZ: Hätte vorausschauender geplant werden müssen?

Prof. Herz: Die Test- und Impfstrategie kann ich nur als Desaster bezeichnen. Wir haben, nachdem die erste Welle überwunden war, im Sommer völlig verschlafen, Teststationen einzurichten und Impfstoff einzukaufen. Man hat gemeint, alles wird gut und dabei viel Zeit verloren. Wir Ökonomen haben bereits im Februar 2020 darauf hingewiesen, dass es effektiver gewesen wären und letztendlich Geld einspart hätte, wenn zunächst in Impfstoff investiert worden wäre. Dann wäre die die Milliardeninvestionen in Rettungspakete in dieser Höhe nicht notwendig geworden. Es wurde am falschen Ende gespart und wir alle baden das

jetzt aus.


Von Jessica Mohr
jm
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