Es wird Winter. Dass zu dieser Jahreszeit die Infektionszahlen von Erkältungskrankheiten, Grippe und Co. ansteigen, ist keine Seltenheit. Aber: „In diesem Jahr sind die Zahlen ungewöhnlich hoch“, sagt Prof. Dr. Thomas Rupprecht, Direktor der Kinderklinik am Klinikum Bayreuth. Und die Erkrankungen verlaufen teils deutlich schwerer. Seine Klinik ist seit Wochen bis auf die wenigen Notfallbetten voll. Und die Situation verschärft sich weiter. Aus diesem Grund appelliert Rupprecht an Eltern, sich umsichtig zu verhalten und Ansteckungsrisiken zu reduzieren. „Wir sind auf die Unterstützung von niedergelassenen Ärzten und Eltern angewiesen.“ Wie sieht die Situation in der Kinderklinik derzeit aus? Die Lage ist angespannt und verschärft sich leider weiter. Unsere Kinderklinik – ebenso wie viele andere in ganz Deutschland – ist voll bis auf den letzten Platz. Wir haben zu kämpfen, die wenigen Notfallbetten in der Kinder- klinik frei zu halten. Das Team in unserer Notaufnahme arbeitet unter Hochdruck, um den jungen Patientinnen und Patienten gerecht zu werden. Aber wir sind am Limit. Auch, wenn wir unser Möglichstes tun: Derzeit sind Wartezeiten von mehreren Stunden leider an manchen Tagen im Bereich des Möglichen. Was ist gerade besonders auffällig? Zum einen, dass die Zahlen bei Viruserkrankungen, die das bronchiale System betreffen, insgesamt ungewöhnlich hoch sind: Wir haben beispielsweise bereits jetzt mehr Kinder mit dem RS-Virus behandelt, als im gesamten vergangenen Jahr. Und die Saison hat gerade erst begonnen. Ähnliches gilt für Influenza. Dazu kommen Corona, grippale Infekte, Lungenentzündungen. Besonders schwere Krankheitsverläufe resultieren daraus, dass die Erkrankungen auch in Kombination auftreten. Der Corona-Lockdown und die Corona-Schutzmaßnahmen haben offenbar Infektionswellen verhindert, die jetzt schlag- artig nachgeholt werden. Zudem finden gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit zahlreiche Weihnachtsfeiern und -feste statt, die das Ansteckungsrisiko deutlich erhöhen, da Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht in diesem Winter nicht mehr greifen. Warum werden vor allem sehr kleine Kinder schwer krank? Die Erkrankungen lassen sich über alle Altersklassen hinweg beobachten. Aber je kleiner die Kinder, desto kritischer kann die Situation werden. Da die Bronchien bei diesen Kindern noch eng sind, ist eine zusätzliche Verengung der Atemwege ungleich kritischer – teils sogar lebensgefährlich. In der vergangenen Woche hatten wir drei kleine Patienten, die aufgrund einer Influenza- oder RSV-Infektion auf der Intensivstation behandelt werden mussten. Viele weitere sind auf eine kontinuierliche Sauerstoffgabe angewiesen. Wie kann man die derzeitige Situation entschärfen? Durch umsichtiges Handeln. Ich verstehe, dass Eltern sich soziale Kontakte für ihre Kinder wünschen. Sie haben unter den Kontaktbeschränkungen nachweislich sehr gelitten. Dennoch: Es muss vielleicht nicht jede Feier sein. Es gibt auch einen Mittelweg. Und vor allem: Wer krank ist, ist krank und sollte daheim bleiben. Das gilt auch für die Erwachsenen. Auch sie geben die Viren weiter. Ich möchte ausdrücklich sagen: Wir wollen nicht, dass Kinder nicht in die Klinik gebracht werden, die dringend Hilfe brauchen. Wir bitten aber, sich in allen anderen Fällen möglichst zuerst über den Ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 an die diensthabenden Kinderärzte zu wenden. Als Klinik sind wir vor allem Anlaufstelle in den Situationen, in denen kranke Kinder akut medizinische Hilfe benötigen. In der derzeitigen Situation kommen wir daher nicht umhin, Prioritäten zu setzen. Uns ist bewusst, dass das Eltern und Kindern mitunter Geduld abverlangt. Ich bin allen dankbar, die trotz der nachvollziehbaren Sorge um ihr Kind auch für diese Situation, unser Personal, das sein Möglichstes tut, und mögliche Wartezeiten Verständnis haben.